Er ist das Herzstück der Wilhelma, Lieblingsort vieler Besucher und ein pflegeintensiver Schützling der Gärtner: der Seerosenteich im Maurischen Garten. Jedes Jahr im Juli und August erreicht die Blütenshow in der kreisrunden Wasserarena ihren Höhepunkt. Wer ihn erleben möchte, kommt daher jetzt, zum Start der Sommerferien, genau zur rechten Zeit.
Langweilig wird es mit dem tropischen Seerosenteich nie – weder dem Wilhelma-Publikum noch den Wilhelma-Gärtnern. Denn dass er sich den Besuchern alljährlich als grünende, blühende Augenweide präsentiert, ist vor allem den fleißigen Seerosen-Experten zu verdanken: Nicht nur, dass diese jedes Jahr im Mai die empfindlichen Schönen aus ihrem Winterquartier holen und jede Pflanze einzeln in 71 Kübel am Grund des Teichs setzen. Nein, danach geht es erst so richtig rund: Denn ab dann steigt jeweils ein Gärtner den ganzen Sommer lang zweimal pro Woche zuerst in einen Neoprenanzug und dann mitten hinein in den Teich, um dort die Pflanzen zu pflegen, Blätter auszuschneiden, Algen zu entfernen – also um ein komplettes Kosmetikprogramm für ihre verwöhnte Kundschaft abzuarbeiten.
Den Anzug müssen die Gärtner dabei nicht etwa anlegen, weil das Wasser so kalt ist: Zahlreiche Heizungsrohre im Teich sorgen schließlich dafür, dass das Cannstatter Mineralwasser im Seerosen-Pool ständig angenehme 28 bis 30 Grad Celsius aufweist. Vielmehr sind es die messerscharfen Stacheln der riesigen Blätter der Victoria, die den Schutzanzug erforderlich machen. Die Victoria gilt als größte Seerose der Welt und beansprucht entsprechend den meisten Platz im Teich: Ihre an Kuchenbleche erinnernden Blätter erreichen hierzulande etwa zwei Meter Durchmesser, in der Heimat Südamerika kann es auch mal doppelt so viel werden. Und kräftig gebaut ist diese Diva unter den Seerosen obendrein: Einen Reiher, der auf einem ihrer Blatt-Tabletts landet, spürt sie kaum, und sogar ein Kind trägt sie noch mühelos.
Doch nicht nur die großen Victorien erstaunen das Publikum, das sich alljährlich rund um die 650 Quadratmeter große Teichbühne versammelt. Denn zum Ensemble des blühenden Wasserballetts gehören auch 36 tropische Nymphea-Arten bzw. -Sorten – und als Zugabe eine Stachelseerosen-Art.
Jede Sorte öffnet und schließt ihre Blüten zu einer anderen Tages- und Nachtzeit, was für eine abwechslungsreiche Choreographie der Farben und Formen sorgt. Ebenfalls Teil der Blütenshow sind die zarten Lotosblumen, die vor allem den Teichrand säumen und dank ihren erstaunlichen Selbstreinigungskräften Pate für den Begriff des „Lotos-Effekt“ standen. Als einzige der tropischen Bewohner harren sie selbst im Winter im leeren, aber frostfrei gehaltenen Teich aus – bis im nächsten Frühjahr auch der Rest der Seerosengesellschaft wieder ins Herz der Wilhelma zurückkehrt.
Übrigens: Wer sich Appetit auf einen Besuch am Seerosenteich holen will – eine WebCam liefert unter www.wilhelma.de alle zehn Minuten aktuelle Momentaufnahmen direkt aus dem Magnolienhain.
(Zoologisch-Botanischer Garten Stuttgart, Foto: Gärtner Marcus Hoffmann bei der wöchentlichen Kosmetikbehandlung der Seerosen – der Neoprenanzug dient als Schutz vor den stacheligen Blättern der Victorien (c) Wilhelma)