Wenn Politiker, wie zuletzt Gesundheitsminister Daniel Bahr, laut darüber nachdenken, den Einsatz künstlicher Hüft- oder Kniegelenke aus Kosten-/Nutzenabwägungen für bestimmte Bevölkerungsgruppen künftig zu begrenzen, folgt das Dementi meist auf dem Fuß. Dennoch ist es von großer gesellschaftlicher Bedeutung, die Kosten für dauerhafte Implantate wie etwa Gelenkprothesen/Endoprothesen zu senken, wenn die Versorgung in Deutschland gesichert und Endoprothesen auch in Entwicklungs- und Schwellenländern erschwinglich werden sollen. Wissenschaftler des Instituts für Fertigungstechnologie keramischer Bauteile (IFKB) der Universität Stuttgart arbeiten an einer neuen Technologie auf Basis des keramischen Spritzgießens, mit der die Herstellkosten solcher Implantate deutlich gesenkt werden können.
Herkömmlich werden bei Hüft- und Knieoperationen routinemäßig Implantate aus Spezialstahl und einem Kunststoffgegenkörper aus Niederdruck-Polyethylen (NDPE) eingesetzt. Diese sind zwar vergleichsweise kostengünstig, ihre Gebrauchsdauer ist jedoch je nach Belastung auf zehn bis 15 Jahre begrenzt. Deutlich langlebiger sind keramische Implantate, deren überlegene Werkstoffeigen-schaften eine Reduktion des Verschleißes und eine bessere Biokompatibilität (Verträglichkeit) gewährleisten, wodurch Entzündungen im Gewebe vermindert und die Implantatlockerung verlangsamt werden. Zudem wachsen sie schneller ein und die Patienten kommen nach einer Operation rasch wieder auf die Beine. Ihr Nachteil: Die Herstellung und Endbearbeitung der spiegelglatt geschliffenen, harten und zähen Keramik erfordert eine Vielzahl an Arbeitsschritten und ist dementsprechend teuer.
Dieser Problematik hat sich Mohammed Abou El-Ezz am Institut für Fertigungs-technologie keramischer Bauteile (IFKB) im Rahmen seiner Doktorarbeit in der Graduate School of Excellence for advanced Manufacturing Engineering Stuttgart (GSaME) angenommen. Der 26-jährige Absolvent der German University of Cairo (GUC) versucht, durch einen deutlich preiswerteren Fertigungsweg Keramikimplantate einem größeren und weniger vermögenden Patientenkreis zugänglich zu machen. Die Arbeit wird durch die Hans-Böckler-Stiftung finanziert und durch Institutsleiter Prof. Rainer Gadow sowie den Leiter der Abteilung Hochleistungskeramiken, Dr. Frank Kern, betreut.
(Universität Stuttgart)